Samstag, 23. November 2019

Gesichter der Sozialen Arbeit

Aufgefallen!!
Habt ihr „SIE“ auch schon gesehen – bewusst wahrgenommen?

Ein Post von Birgit Kolb

Flur Studienrichtung Sozialmanagement (Quelle: eigenes Foto)
Ich schon! Die Ahnen der Sozialpädagogik / Sozialen Arbeit sowie des Sozialmanagements als Flurgestaltung in der „Chefetage“ des Studiengangs Sozialmanagement, also dort, im 3. Stockwerk, wo nun nicht nur die ProfessorInnen, DozentInnen sowie die SekretärInnen dieses Studiengangs zu finden sind, sondern ebenso unsere Vorfahren. Die „Ahnen“ unseres Berufstandes hängen dort in Form von: in silbernen Bilderrahmen eingerahmten und etwa 60 x 90 cm großen Informationstafeln. Die „Gesichter“ mit ihren Untertiteln haben spannende Dinge zu erzählen. Sie sind „Zeitzeugen“ aus der vergangenen Zukunft. Damit meine ich, dass die pädagogische Harmonie zwischen Kopf, Herz und Hand sich durch die ganze Geschichte der Pädagogik und Sozialpädagogik zieht und auch zukünftig sicher nicht an Wert verlieren wird.


Die Ahnentafeln, ähnlich wie in einem Museum, sind mit Porträts bebildert und mit Untertiteln versehen. Beispielsweise von Rudolf Steiner, Alice Salomon oder Jane Adams aber auch viele andere.

Rudolf Steiner zum Beispiel, der Begründer der Waldorfschule, setzte die Idee der ganzheitlichen Pädagogik in der Waldorfschule konsequent um und verlieh durch seine Erlebnispädagogik, dem „Erleben durch Sinne“, einen zentralen Stellenwert. Er ist der Entwickler seiner bekannten Eurythmiefiguren (Ausdruck von Gefühl/Charakter über Bewegungen ):
„Weil es auch wichtig ist für eine mehr psychologische Physiologie, müssten sich mit diesen Figuren die Waldorflehrer überhaupt befassen […]. Es ist zugleich eine Grundlage für allgemeines künstlerisches Empfinden, für eine Erkenntnis des inneren menschlichen Organismus, was man daran lernen kann, an diesen Figuren“. (Rudolf Steiner)
Ebenso in der Ahnengalerie vertreten ist die Feministin und Friedensnobelpreisträgerin Jane Laura Addams, die das berühmte Chicagoer Hull House gegründet hat. Mit der Gründung der ersten amerikanischen Arbeiter- und Einwandererbildungsstätte (Settlementbewegung) hat sie das Leben vieler Chicagoer damals verändert. Der Kampf für Gerechtigkeit brachte ihr den Namen: „Engel der Entrechteten“ ein, sie wurde vom Justizministerium als Landesverräterin diffamiert, setzte dennoch ihre Überzeugungsarbeit fort.
„Nothing could be worse than the fear that one had given up too soon, and left one unexpended effort that might have saved the world.“ (Jane Laura Addams).
Eine weitere Persönlichkeit ist Alice Salomon. Beide Frauen gelten als Wegbereiterinnen der Sozialen Arbeit.

Salomon hat u.a. den Begriff „Soziale Diagnostik“ in Deutschland eingeführt. Darüber hinaus ist sie noch immer in der Frauenbewegung allgegenwärtig. Alice Salomon, setzte sich schon zu ihrer Zeit für Frauen ein, und schrieb bereits damals eine Dissertation über: „Die ungleiche Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit“ (Salomon, 1906).

Heute, 113 Jahre später bestehen noch immer Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. Da sag mir bloß jemand, dass das Gender Pay Gap heute kein Thema mehr ist, wenn Frauen in Baden-Württemberg durchschnittlich 22,7 Prozent weniger als Männer verdienen (Lohnspiegel.de 2019).

Impulse für Seminararbeiten. Nun stehe ich zwar fast am Ende meines Studiums und die letzte Seminararbeit ist fast fertig geschrieben. Aber, wenn ich in das erste Semester zurückblicke, da wäre jedenfalls ich froh gewesen über praktische und informative Zusammenfassungen oder einen Überblick historischer TheoretikerInnen bzw. PraktikerInnen. Damals, als ich mit einem Gefühl von totaler Überforderung, meine allererste Seminararbeit zu den Klassikern der „Theorien der Sozialen Arbeit“, schreiben musste. Du meine Güte! - ich weiß es noch genau, als wäre es gestern gewesen – planlos, im Dunkeln tappend aber dennoch zielstrebig dieses Vorhaben erfolgreich beenden zu können. Dieses ergreifende Gefühl und auch das spätere Moment, als ich, sehr erfolgreich, die Seminararbeit bestanden habe, werde ich wohl nie vergessen. Aufgrund dieser Erfahrung finde ich, dass die Infotafeln auch als Inspiration für die eine oder andere Seminararbeit, oder auch für einen Vortrag dienen könnten.

Insgesamt gefällt mir, dass diese „kleinen Zeitgeschichten“ den insgesamt sehr trist wirkenden Flur nicht nur schmücken, sondern auch zum Verweilen einladen. Denn wer nachdenkt, und ganz tief in sich geht, und still wird, und nachfühlt, dem wird möglicherweise etwas offenbar. Nämlich, demjenigen/derjenigen wird deutlich werden, wie sehr sich die Soziale Arbeit entwickelt hat und im Wandel der Zeit sich mit den Menschen ausdifferenziert bzw. verändert hat, sodass heute zusätzlich das moderne Berufsbild des Sozialmanagers daraus entstanden ist. Aber, was noch wichtiger ist, es wird deutlich, welche herausragenden Leistungen Soziale Arbeit/Soziales Management für sich verbuchen dürfen und mit welchen Schwierigkeiten und Spannungen diese Berufsbilder (schon immer) zu kämpfen hatten/haben. Gerade für uns Studenten, Interessierte oder Freunde des Sozialwesens, ist diese Erkenntnis sicher ein besonders bewegender Gänsehautmoment.

Auch wenn der „Schnöde Mammon“ - damals wie heute - häufig Wege versperrte und versperrt. Wir „SozialarbeiterInnen und SozialmanagerInnen“ wissen es - es gibt noch so viel mehr zu tun! John Dos Passons (1896-1970) würde sagen, so kann das Bewusstsein der Verbundenheit mit früheren Generationen wie eine Rettungsleine durch die schwierige Gegenwart sein.

Mein Tipp: Schaut Euch doch die Bilder unserer Urgroßmütter und Urgroßväter des Sozialmanagements am besten gleich in der nächsten Pause an. Seid ihr Euch deren bewusst?

Oder noch besser, folgt der Einladung durch Herrn Schlund und kommt zur Vernissage: „Gesichter der Sozialen Arbeit“ am 03.12.2019.

Quellen:
https://www.rudolfsteinerweb.com/galleries/Eurythmy_Figures/index.html
https://www.lohnspiegel.de/html/625.php
https://www.gf-franken.de/de/zitate-und-gedichte.html
https://beruhmte-zitate.de/autoren/jane-addams/


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