Mittwoch, 17. Juli 2019

Sozialmanager*innen in der Praxis

Interview mit Philipp Gernlein

Ein Post von Laura Moser und Daniela Ruf


Was ist Sozialmanagement für dich?


Foto: Philipp Gernlein
Sozialmanagement ist für mich der Versuch, betriebswirtschaftliche Standards in Unternehmen und Organisationen der Gesundheits- und Sozialbranche einzuführen, umzusetzen und gemäß den innerbetrieblichen Notwendigkeiten anzupassen. Das Einführen und die Betonung des Versuchs sind dabei für mich die entscheidenden Faktoren. Vor allem, weil ich der Meinung bin, dass viele Sozialunternehmen (private GmbHs, gGmbHs, aber auch die großen Wohlfahrtsverbände) noch weit hinter den betriebswirtschaftlichen Standards zurückliegen und diese Standards häufig nur in den Spitzenverbänden angekommen sind. Sozialmanagement stellt nun also den Versuch dar, betriebswirtschaftliche Standards zu etablieren, ohne dabei den sozialen Nutzen zu schmälern. Ich bin der Meinung, dass durch betriebswirtschaftliche Standards sogar mehr Ressourcen (nicht nur Geld, vor allem auch Zeit der Mitarbeiter sowie Verwaltungsaufwand) eingespart werden können, die dann zusätzlich für die sozialen Kernprozesse verwendet werden können. Damit erzeugt Sozialmanagement für mich eine geniale Synergie aus ökonomischer Effizienz und sozialprofessionellen Unterstützungsprozessen.




Wie bist du zu Sozialmanagement gekommen? Was hat dich an dem Studiengang gereizt?

Nach dem Abitur hatte ich mich mit vielen möglichen Berufen beschäftigt und wollte gerne dual studieren, weil ich ein FSJ absolvierte und nicht mehr komplett aufhören wollte zu arbeiten (und Geld zu verdienen). Die Tatsache, dass ich im sozialen Bereich arbeitete und mir dadurch die Arbeit zum ersten Mal im Leben nicht klassisch als Arbeit (im Sinne des Mittels zum Zweck) vorkam, gab mir den Hinweis, im Sozialwesen zu bleiben. Mein Vater hatte 1987 bereits dual Sozialpädagogik in Heidenheim studiert (bei Prof. Hummel!). Als ich dann Sozialmanagement entdeckte, war ich begeistert, einerseits Sozialpädagoge werden zu können und andererseits einfach breiter aufgestellt zu sein. Die Berufsziele und das Verständnis des Themas haben sich dann tatsächlich erst im Laufe des Studiums entwickelt.


Gibt es irgendwas, das du ganz anders machen würdest? (Stichwort Erwartungen – Tatsache)

Ich würde versuchen, die betriebswirtschaftlichen Inhalte mehr auf Sozialunternehmen zu beziehen. Das wäre zwar eine schlechtere Vorbereitung auf die Prüfung zum Betriebswirt, würde aber das Studienprofil weiter schärfen.


Wie ging es für dich nach dem Studium weiter und was machst du jetzt?

Nach dem Studium (Oktober 2017) zog ich in eine neue Stadt, begann Politikwissenschaft im Master zu studieren, mich auf den Betriebswirt vorzubereiten und hatte einen Halbtagsjob als Sozialpädagoge in einer heilpädagogischen Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Ausländer aufgenommen. Nach einem halben Jahr wurde ich dann stellvertretender Gruppenleiter.
Nach einem weiteren halben Jahr verließ ich die Wohngruppe, da ich einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte. Seit Oktober 2018 bin ich nun in Vollzeit als Verwaltungsleiter in meinem „Ausbildungsbetrieb“, dem Caritasverband Lichtenfels, angestellt. Die Stelle liegt hierarchisch direkt unter dem Geschäftsführer und zu meinen Aufgaben zählen hier die Personalleitung, der gesamte Finanzbereich und die strategische Organisationsentwicklung. Das Masterstudium leidet natürlich etwas unter dem Vollzeitjob, was sich an der Universität aber glücklicherweise einfach durch eine längere Studiendauer ausgleichen lässt.


Hast du den Betriebswirt gemacht?

Ja.


Wie haben sich Betriebswirt und Job vereinbaren lassen?

Vollkommen unkompliziert, da ich ja nur halbtags arbeitete und dazu im Schichtdienst, sodass ich generell viel Zeit hatte. Das Masterstudium hat hingegen stark unter dem Betriebswirt gelitten, sodass ich nach den schriftlichen Prüfungen im Herbst leider keine Verschnaufpause hatte, sondern mich umso mehr mit einem neuen Thema auf sehr hohem Niveau auseinandersetzen musste.


Hast du mit dem Sozialmanagementstudium deine Hochschullaufbahn beendet? Hast du vor noch weiter zu studieren, einen Master zu machen?

Wie beschrieben, ich studiere im Master Politikwissenschaft, weil ich finde, dass die Politik neben der Sozialen Arbeit und der Betriebswirtschaft die dritte Säule ist, mit welcher sich Führungskräfte der Gesundheits- und Sozialbranche auseinandersetzen müssen (Stichwörter: kommunale Aufgaben, Verteilung öffentlicher Güter, Subsidiarität, Sozialstaatlichkeit, Spieltheorien in Vertragssituationen,..).


Was empfiehlst du den aktuellen Sozialmanagementstudenten?

- Bringt die Fragestellungen Eurer Betriebe mit an die Hochschule, da dort die meisten und kompetentesten Ideen gesammelt und ausgetauscht werden! Im Betrieb sammelt dann allein Ihr die Lorbeeren 😉.
- Nehmt alle Scheine und Zusatzqualifikationen im Studium mit. Das kostet zwar viel Zeit und viel Aufwand, diese Kompetenzen könnt Ihr aber nie wieder so preisgünstig und einfach erwerben – und Wissen ist immer ein Türöffner!
- Fragt Eure Vorgesetzten, ob Ihr Eure Skripte im Betrieb drucken dürft… 😉


Im Großen und Ganzen – gute Entscheidung Sozialmanagement zu studieren? Würdest du dich wieder dafür entscheiden?

Ohne große Worte, definitiv und jederzeit.

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